Gertraud Cerha

Bestand

Vorlass Gertraud Cerha

Umfangreiche Materialien von Gertraud Cerha wurden bereits 2010 als Teil des Vorlasses von Friedrich Cerha an das Archiv der Zeitgenossen übergeben. Dieser Bestand, der im Laufe mehrerer Nachlieferungen kontinuierlich angewachsen war, wurde 2023 durch eine Schenkung von Gertraud Cerha ergänzt und ab diesem Zeitpunkt als Vorlass Gertraud Cerha geführt.

Der Bestand dokumentiert vor allem Gertraud Cerhas Publikations- und Vortragstätigkeit, ihr Engagement in Zusammenhang mit der Konzeption und Organisation von Symposien, ihr künstlerisches Wirken sowie ihre Lehrtätigkeit. So befinden sich Textentwürfe, Präsentationsunterlagen (Folien, Dias, Tonbeispiele etc.), Recherchematerial, Sendungsmitschnitte (ORF), Korrespondenzen, Presseberichte, Konzertprogramme, Schulbücher, Material zu Schulprojekten und Fotografien im Bestand.

Als umfangreichstes Konvolut ist das Material zu den Vorträgen Gertraud Cerhas im Rahmen des Konzertzyklus „Wege in unsere Zeit“ (1978-83) besonders hervorzuheben. Da das Ehepaar Gertraud und Friedrich Cerha immer wieder gemeinsam an Projekten arbeitete, sind die beiden Vorlässe an vielen Stellen miteinander verwoben, dies betrifft vor allem Materialien zu den Ensembles die reihe und Camerata frescobaldiana.  

 

Biografie

Gertraud Cerha (geb. Möslinger) wurde 1928 in Markgrafneusiedl in Niederösterreich geboren und wuchs im oberösterreichischen Gmunden auf. 1946 begann sie ihr Studium der Fächer Klavier und Musikerziehung an der Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst Wien (heute Universität für Musik und darstellende Kunst) sowie Geschichte an der Universität Wien. 1955 folgte ein Cembalo-Studium. 1950 bis 1980 unterrichtete sie Musik an der damaligen Bundeserziehungsanstalt (BEA/heute BRG Wien III, Boerhaavegasse) und war dort maßgeblich am Aufbau des musikalischen Schwerpunkts beteiligt. 1961 bis 1987 lehrte sie Generalbass an der „Abteilung für Tasteninstrumente” der heutigen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. 1952 heiratete sie Friedrich Cerha, den sie während des Studiums kennengelernt hatte. Nach einem gemeinsamen Besuch der „Internationalen Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt“ im Jahr 1958 gründete das Ehepaar gemeinsam mit Kurt Schwertsik ein Ensemble für Neue Musik, die reihe, um internationale und eigene zeitgenössische Kompositionen in Österreich aufzuführen und gleichzeitig die marginalisierte Musik der Wiener Schule wieder bekannt zu machen. Gertraud Cerha war im Ensemble als Musikerin, Vermittlerin und Organisatorin aktiv beteiligt.

Gemeinsam mit Friedrich Cerha programmierte sie einen Zyklus von Konzerten mit dem Titel „Wege in unsere Zeit”, der in den Saisonen 1978 bis 1983 im Wiener Konzerthaus stattfand. Vor den Konzerten hielt Gertraud Cerha umfangreiche und vielbeachtete multimediale Einführungsvorträge, welche sie später auch für eine Sendereihe im österreichischen Rundfunk überarbeitete und selbst präsentierte. Mit ihrem Mann trat Gertraud Cerha ab 1960 auch im gemeinsam gegründeten Ensemble für Alte Musik, Camerata frescobaldiana, auf und arbeitete mit ihm an der Edition von Werken des italienischen Frühbarocks, welche im Verlag Doblinger publiziert wurden.  

Als aktiv Teilhabende, als Beobachterin und Vermittlerin der Neue-Musik-Szene über Jahrzehnte hinweg, wurde sie zur Expertin für musikkulturelle Entwicklungen in Österreich nach 1945 und ist in diesem Zusammenhang auch heute noch als Referentin und Autorin gefragt. Begleitend zum ersten Wien Modern Festival 1988 konzipierte sie ein wegweisendes Symposium. Für ihre Verdienste wurde ihr 2009 das österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen.